STK 2019 36 mehrfaches Fahren ohne Berechtigung
Urteil vom 23. Dezember 2019
STK 2019 36
Mitwirkend
Kantonsgerichtsvizepräsident Dr. Reto Heizmann,
Kantonsrichter lic. iur. Walter Züger, Reto Fedrizzi,
Bettina Krienbühl und Walter Christen,
Gerichtsschreiber lic. iur. Mathis Bösch.
In Sachen
Staatsanwaltschaft Höfe Einsiedeln, Postfach 128, 8832 Wollerau,
Anklagebehörde und Berufungsführerin,
vertreten durch Staatsanwältin A.__,
gegen
B.__,
Beschuldigter und Berufungsgegner,
betreffend
mehrfaches Fahren ohne Berechtigung
(Berufung gegen das Urteil des Bezirksgerichts Höfe vom 15. Mai 2019, SGO 2019 1);-
hat die Strafkammer,
nachdem sich ergeben und in Erwägung:
1. Mit Urteil vom 15. Mai 2019 sprach das Bezirksgericht Höfe den Beschuldigten des mehrfachen vorsätzlichen Fahrens ohne Berechtigung im Sinne von Art. 95 Abs. 1 lit. b SVG schuldig, weil er vom 18. Dezember 2017 bis 12. Juli 2018 jeweils wochentags ein Fahrzeug geführt habe, obschon ihm der Führerausweis mit Verfügung des Verkehrsamtes vom 2. Februar 2018 rückwirkend für die Dauer vom 17. Dezember 2017 bis 16. Mai 2019 entzogen worden sei. Es bestrafte ihn mit einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 130.00 als Zusatzstrafe zu der mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft March vom 16. Juli 2018 ausgesprochenen Geldstrafe (Dispositivziffer 2.1) und ordnete den unbedingten Vollzug (Ziff. 2.2) sowie für den Fall des Nichtbezahlens eine Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Tagen (Ziff. 2.3) an. Die Staatsanwaltschaft Höfe Einsiedeln beantragt mit rechtzeitig angemeldeter und erklärter Berufung vom 17. Juni 2019, Dispositivziffer 2.1 und 2.3 aufzuheben und als Zusatzstrafe eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Tagen auszufällen; eventualiter sei der Beschuldigte in Aufhebung von Dispositivziffern 2.1, 2.2. und 2.3 mit einer unbedingten Freiheitsstrafe von 140 Tagen zu bestrafen. Sie begründete die Berufung im schriftlichen Verfahren (KG-act. 7). Der Beschuldigte unterliess es, die Berufung zu beantworten.
2. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren Geldstrafe wird bestraft, wer unter anderem ein Motorfahrzeug führt, obwohl ihm der Lernfahroder Führerausweis verweigert, entzogen aberkannt wurde (Art. 95 Abs. 1 lit. b SVG). Angeklagt (Vi-act. 1) ist ein am 2. Februar 2018 verfügter rückwirkender Entzug. Damit fehlt der Anklage das tatsächliche Fundament dafür (vgl. BGer 6B_1073/2014 vom 7. Mai 2015 E. 1.5.2), dass die Fahrberechtigung schon im Dezember 2017 und Januar 2018 entzogen war. Wegen fehlender Anklage kann dieser Zeitraum nicht in die richterliche Beurteilung einbezogen werden, obwohl der Beschuldigte sein diesbezügliches Wissen laut Akten einräumte (U-act. 8.1.02, Frage 7, U-act. 10.1.01, S. 4 oben). Ein fahrlässiges Verhalten ist nicht angeklagt. Zugunsten des Beschuldigten ist daher aufgrund der Bindung des Strafrichters an den in der Anklage umschriebenen Sachverhalt (Art. 350 Abs. 1 StPO) im Berufungsverfahren davon auszugehen, dass der an sich nicht angefochtene Schuldpunkt ein mehrfaches vorsätzliches Fahren ohne Berechtigung ab anfangs Februar 2018 betrifft (Art. 404 Abs. 2 StPO).
3. Laut aktenkundigem Strafbefehl der Staatsanwaltschaft March vom 16. Juli 2018 (U-act. 1.1.06) wurde der Beschuldigte wegen vorsätzlichen Fahrens in fahrunfähigem Zustand frühmorgens am 17. Dezember 2017 schuldig gesprochen, mithin einer Tat, die er beging, bevor er durch das Bezirksgericht wegen mehrfachen Fahrens ohne Berechtigung ab Februar 2018 (dazu vgl. oben E. 2) verurteilt wurde (Art. 49 Abs. 2 StGB). Daher ist gedanklich aus der neuen Strafe und dieser Vorstrafe eine Gesamtstrafe zu bilden, wobei betreffend den vorliegend zu beurteilenden Tatzeitraum das revidierte, ab 1. Januar 2018 geltende Sanktionenrecht Anwendung findet. Im Übrigen ist unbestritten, dass für die einzelnen Fahrten nur gleichartige Geldstrafen auszufällen wären, welche gesamthaft die im Vergleich zum alten Recht halbierte maximale Geldstrafe von 180 Tagessätzen nicht erreichen. Inwiefern die vorinstanzlich dafür ausgefällte Geldstrafe von 120 Tagessätzen nicht angemessen wäre, legt die Staatsanwaltschaft nicht dar, weshalb darauf nicht näher einzugehen ist, abgesehen davon, dass dies ebenso wenig aus den Akten ersichtlich wird. Nach neuem Recht wäre jedoch die im Sinne von Art. 49 Abs. 2 StGB aus den vorliegenden Taten und der unter der Ägide des alten Rechts ausgefällten Vorstrafe kumulierte hypothetische Gesamtgeldstrafe von 240 Tagessätzen nicht mehr möglich. Wenn die Vorinstanz im Ergebnis die Geldstrafe gedanklich ausgehend von der Vorstrafe mit den vorliegend zu sanktionierenden Taten auf 220 Tagessätze schärfte, jedoch in Anwendung des revidierten Sanktionenrechts zur Vermeidung der Ausfällung einer nur kumulierbaren Freiheitsstrafe weiter auf hypothetische 180 Tagessätze reduzierte, ist dies nicht zu beanstanden. Die Vorstrafe war Grund für den Ausweisentzug und mithin quasi Auslöser für das vorliegend zu beurteilende strafbare Verhalten, aber nicht direkt einschlägig. Insoweit scheint nicht ohne Weiteres im Sinne von Art. 41 Abs. 1 lit. a StGB eine unbedingte Freiheitsstrafe geboten zu sein, um den unbestritten nüchtern wahrheitsgetreu (vgl. U-act. 10.1.01 Rz 52 f. i.V.m. U-act. 8.1.02 Nr. 4 ff.) geständigen, kooperativen und einsichtigen Beschuldigten vom weiteren Fahren ohne Führerausweis abzuhalten. Es kommt hinzu, dass dem Beschuldigten, wie die Vorinstanz seitens der an der vorinstanzlichen Hauptverhandlung nicht teilnehmenden Staatsanwaltschaft unwidersprochen erwägt, der Führerausweis für weitere einschneidende 34 Monate bis Mitte 2021 entzogen bleibt. Abgesehen davon verkürzt sich der Deliktszeitraum im Berufungsverfahren um ca. einen Viertel bis einen Fünftel (vgl. oben E. 2) dermassen, dass dem Beschuldigten nicht mehr vorzuwerfen ist, unmittelbar nach dem vorbestraften Vorfall ohne Führerausweis gefahren zu sein. Dies rechtfertigte auch eine Zusatzstrafe von 60 Tagen selbst für den Fall, dass altes Sanktionenrecht und mithin eine Gesamtstrafe von über 180 Tagen gebildet werden könnte und nicht eine von der Vorstrafe unabhängige Zusatzstrafe auszufällen wäre.
4. Aus diesen Gründen ist die Berufung abzuweisen. Ausgangsgemäss gehen die Kosten des Berufungsverfahrens zu Lasten des Staates (Art. 423 sowie 428 Abs. 1 StPO). Der Beschuldigte hatte im Berufungsverfahren keine entschädigungspflichtigen Aufwendungen (Art. 436 Abs. 1 und Art. 429 StPO);-
erkannt:
1. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Urteil im Sinne der Erwägungen bestätigt.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens von Fr. 1‘500.00 gehen zu Lasten des Staates.
3. Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Zustellung nach Art. 78 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht in Lausanne eingereicht werden. Die Beschwerdeschrift muss den Anforderungen von Art. 42 BGG entsprechen.
4. Zufertigung an die Staatsanwaltschaft Höfe Einsiedeln (1/A), die Oberstaatsanwaltschaft (1/R), den Beschuldigten (1/R) und die Vorinstanz (1/A) sowie nach definitiver Erledigung an die Vorinstanz (1/R, mit den Akten), das Amt für Justizvollzug (1/R, zum Vollzug), die Kantonsgerichtskasse (1/ü, im Dispositiv) und mit Formular an die KOST.
Namens der Strafkammer
Der Kantonsgerichtsvizepräsident
Der Gerichtschreiber
Versand
23. Dezember 2019 sl